- #BGB
Kunden
Käufer und Käuferinnen von sexuellen Dienstleistungen
Gesetzeslage
Das Prostituiertenschutzgesetz spricht nur in § 32 von Kunden, indem eine Kondompflicht festgeschrieben wird. Klar ist:
- sie (Männer und Frauen) sind diejenigen, die sexuelle Dienstleistungen in Anspruch nehmen und dafür bezahlen.
- sie sind diejenigen, die den direkten Kontakt zu den Sexarbeiter*innen haben und
- sie besuchen für ihre Wünsche, Begierden, Bedürfnisse gegebenenfalls eine Prostitutionsstätte.
Art. 1 + 2 GG in Verbindung mit den Menschenrechten und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechnung schützen die Rechte jedes einzelnen Menschen, unter anderem seine Sexualität auszuleben und zwar in der Art und Weise, wie die Person es möchte. Dabei dürfen natürlich die Rechte von anderen Menschen nicht missachtet werden, z. B. Sexualität erzwingen/Vergewaltigung/Gewalt etc.
Sexualität ist identitätstiftend und ist ein Menschenrecht. Für die meisten Menschen ist Sexualität (im weitestens Sinne des Wortes) gesund, lebenserhaltend, Kraft gebend, lustvoll und macht glücklich.
Wo und wie ein Mensch seine Sexualität auslebt, ist seine eigene, private Sache – also kann er dies auch mit einer Sexarbeiter*in, im Bordell und gegen Geld tun.
Doch warum sprechen die meisten Menschen nicht über ihre Erlebnisse im Bordell und überhaupt über ihre sexuellen Wünsche? Warum kennt (fast) niemand Menschen, die zu Sexarbeiter*innen gehen?
Offensichtlich befürchten diese Diskriminierung und negative Konsequenzen für ihr Privat-, Familien- und Berufsleben, denn das Stigma der Sexarbeit ist gewaltig und allmächtig. Würden sie dagegen mehr in die Öffentlichkeit treten und von ihren Erfahrungen sachlich, empathisch und realistisch berichten, wäre das Bild über sie positiver. So heißt es leider oft: "Der ecklige Freier, der schmierige Freier, das Monster".
Dieses Bild wird leider weitestgehend geprägt von schauerlichen Geschichten der Prostitutionsgegner*innen, Medien und den meist unmoderierten Berichten in sogenannten Freierforen.
Diese sind oft unwürdig, frauen- und sexarbeiterfeindlich, sexistisch und geprägt von den wildesten Sexphantasien. Gleichzeitig sind solche Berichte nicht die Norm!
Oft fragt man sich, wie ein Kunde über das Erlebnis bei einer Sexarbeiterin so ausführlich, breit und lang schreiben kann, wenn er doch – laut eigener Aussage – nur 10 oder 20 Minuten bei ihr war. Für einige der Texte hätte selbst ein geübter Schreiber mehr als eine Stunde und mehr investieren müssen.
Dagegen sind die Rückmeldungen der Sexarbeiter*innen über ihre Kund*innen mehrheitlich positiv: resepktvoll, freundlich, großzügig, zärtlich, sauber, hilfsbereit, hält sich an Absprachen und respektiert ein NEIN.
Auffällig ist, dass sich viele Kund*innen schwer tun, über ihre sexuellen Begierden zu sprechen – ihnen fehlt schlichtweg die Sprache und die Übung, was ein Indikator dafür ist, dass es einen Mangel an sexueller Aufklärung und Bildung in unserer Gesellschaft gibt. Auch gesellschaftliche Tabus und anerzogener Scham sind ein nicht zu übersehender Faktor.
Doch dies ist zweifelsohne notwendig für ein erfülltes und glückliches Leben!
Das Hurenstigma sorgt sicher auch dafür, dass Kund*innen sich kaum für Sexarbeiter*innen und für ihre Rechte engagieren, was im Kontext des geforderten Sexkaufverbot dramatisch ist, denn es wird sie am Härtesten treffen. In allen anderen Branchen ist es selbstverständlich sich zu outen:
- natürlich spricht man in seinem Kollegenkreis über ein gutes Restaurant,
- hinterlässt nach einem schönen Urlaub im Wellnesshotel eine postive Bewertung,
- berichtet begeistert von einem Konzert seiner Lieblingsband oder einem herausragenden Balletabend und
- postet die neue Uhr, das ausgefallene Auto oder Kleidungsstück stolz auf den Sozialen Medien.
Hier müssen Kund*innen für ihr eigenes Wohlbefinden und das der Sexarbeiter*innen aktiver werden.
Vor Jahren traten Kund*innen schon mal zusammen als Gruppe in die Öffentlichkeit. Dies ist gerade erneut geschehen. Es tut sich was!
Unzählige Studien haben sich mit den Kunden auseinandergesetzt, sie befragt und ihnen in langen Interviews Gelegenheit gegeben, sich darzustellen und zu präsentieren. Die Ergebnisse waren meist positiv und bestätigten, dass Kunden einen Querschnitt der Bevölkerung darstellen. Sie sind ledig oder verheiratet, gehörten einer oder keiner Religionsgruppe an, sind Mitglieder in verschiedensten Vereinen und Parteien, üben alle möglichen Berufe aus, sind gesund oder auch körperlich oder psychisch beeinträchtig, Ehemänner und -frauen, Brüder und Schwestern, Väter, Mütter, Onkel und Tanten, Nachbarn, etc.
Auffällig ist, dass es in allen Studien häufig um die männliche Kundschaft geht, aber viel zu selten Frauen oder andere Geschlechter überhaupt als Kundinnen gesehen bzw. wahrgenommen werden, obwohl es sich hier nicht um Einzelfälle handelt. Sicher ist, dass wir noch viel zu wenig Informationen darüber haben, wer und warum Menschen zu Sexarbeiter*innen gehen.
Über die Anzahl der Kund*innen gibt es dagegen - wie bei der Anzahl der Sexarbeiter*innen - nur Spekulationen und Schätzungen.
Hydra e. V., 1991, Galgenberg Verlag, Freier - Das heimliche Treiben der Männer
Beispiele
- Evelyn: "Mit meinen Kunden habe ich die wildesten Ding erlebt. Eigentlich habe ich erst in der Sexarbeit mit meinen Kunden meine eigene Sexualität erforscht, ausgelebt und neue Entdeckungen gemacht. Ich musste mir keine Gedanken machen, wie: Was sagt er morgen zu mir? Wie begegne ich ihm am Frühstückstisch. Das war befreiend."
- Emil: "Ich liebe meine Ehefrau und würde sie nie verlassen. Aber sie ist einfach nicht so interessiert am Sex. Ich bin da hungriger und brauche Abwechslung. In der Sexarbeit weiß ich, dass ich keine privaten Verpflichtungen eingehe und einfach für kurze Zeit einen bestimmten Sex erleben möchte. Ich bezahle den geforderten Preis, verhalte mich freundlich und respektvoll und verabschiede mich nach dem Vergnügen ohne Versprechungen."
- Paul: "Ich bin Single, will aber nicht auf Sex verzichten. Ich will auch nicht daten, lange reden und dann vielleicht eine Abfuhr für Sex kassieren. So wie ich eine Massage buche und bezahle, will ich es auch mit dem Sex handhaben: einfach, unkompliziert und korrekt."
- David: "Als Mann im Rollstuhl fällt es mit schwer, eine Sexualpartnerin zu finden. Im Bordell begegnet man mir mit weniger Vorurteilen, da geht es nur um meine sexuellen Wünsche und wie die verwirklicht werden können."
- Uwe: "Ich habe einen besonderen Fetisch – ich liebe Damenunterwäsche und lasse mich hier gern bewundern. Das will ich meiner Partnerin nicht zumuten. Sie würde das sicher nicht verstehen. Für Sexarbeiter*innen ist das nichts Besonderes."
- Gerd: "Ich bin 81 Jahre alt, seit vielen Jahren schon verwitwet und möchte noch einmal eine Frau spüren und anfassen. Das ist mein größter Wunsch."
Forderung
- Kunden sollten als das betrachtet werden, was sie sind: Menschen die Sex lieben und diesen mit einer Sexarbeiter*in in einem Bordell gegen Geld genießen wollen.
Links & Quellen
- 12 Millionen Kunden täglich?Niemand kennt die Anzahl der Kunden. Alle Angaben beruhen auf Schätzungen oder Spekulationen. Sie sind also auf keine Fall realistisch!https://bsd-ev.info/kunden-12-millionen-freier-taeglich/
- Ausstellung: Apropos SexDie Ausstellung gibt viele Antworten und Anregungen auf diverse sexuelle Fragen.https://apropos-sex.museumsstiftung.de
- Kunden treten in die ÖffentlichkeitKunden von Sexarbeiter*innen haben sich zusammengeschlossen und treten in die Öffentlichkeit, durchbrechen also das Hurenstigma und berichten von ihren Motivationen, Wünschen und Begierden und ihren Erfahrungen.https://www.kundschaft-sexarbeit.de