Kondompflicht

Was soll eine gesetzliche Regelung, die sich nicht überprüfen lässt?

Gesetzeslage

§ 32 ProstSchG: (1) Kunden und Kundinnen von Prostituierten sowie Prostituierte haben dafür Sorge zu tragen, dass beim Geschlechtsverkehr Kondome verwendet werden. (2) Der Betreiber eines Prostitutionsgewerbes ist verpflichtet, auf die Kondompflicht in Prostitutionsstätten, in sonstigen regelmäßig zur Prostitution genutzten Räumen und in Prostitutionsfahrzeugen durch einen gut sichtbaren Aushang hinzuweisen.

Früher hieß es immer: Dein Körper ist dein Kapital. Deshalb war für jede Sexarbeiterin und jeden Sexarbeiter klar, dass sie (neben anderen Vorsichtsmaßnahmen) auf jeden Fall ein Kondom benutzen. Denn wenn sie erkrankten, konnten sie nicht arbeiten und konnten auch nichts verdienen.

Immer standen sexuell übertragbare Erkrankungen (engl.: Sexually Transmitted Infections = STI`s), HIV/AIDS und auch eine Schwangerschaft im Raum. Kolleg*innen stärkten sich gegenseitig und klärten über eine Kondomnutzung auf:

  • ⁠Welche Kondomqualitäten gibt es?
  • Wo steht das Verfallsdatum?
  • Welche Kondome bieten sich für welche sexuellen Praktiken an?
  • Welche Kondome haben "Nebenwirkungen"?
  • Wie wird ein Kondom benutzt?
  • Bei welchen anderen Sexualpraktiken sollte man auch Kondome nutzen?
  • Wie überprüfe ich, ob das Kondom richtig sitzt?
  • Wie stelle ich sicher, dass das Kondom nicht reißt, platzt, abgerutscht ist oder abgezogen wurde?

Nach der Methode "Learning by doing" wurde die Handhabung eingeübt.

Die Gesundheitsämter und Fachberatungsstellen der Prostitution informierten bei ihrer Beratung ebenfalls darüber, besonders bei der Einstiegsberatung und beim Streetwork.

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Doch Sexarbeiter*innen stellten auch immer die Forderung auf, dass Staat, Behörden und Gesellschaft die Kunden (Männer) aufklären und animieren muss, bei sexuellen Kontakten außerhalb einer festen, monogamen Beziehung ein Kondom zum Eigenschutz zu benutzen, denn diese Aufklärung und Motivation der Kunden/Männer wollten sie nicht allein übernehmen.

Nun hat der Gesetzgeber in diesem Paragraphen ein sog. Symbolgesetz geschaffen, dass nicht überprüft werden kann. Denn dafür müssten die Behörden die Sexarbeiter*in und den Kunden in Ausübung des Aktes im geschlossenen Zimmer überraschen, unterbrechen, sie voneinander ziehen und überprüfen, ob das Kondom auf dem Penis sitzt.

Unvorstellbar? Nein, es passiert immer wieder - genau so!

Der Gesetzgeber hat ergänzend festgelegt,

  • dass in jedem Arbeitszimmer durch einen Aushang auf die Kondompflicht verwiesen wird (§ 32 Absatz 2 ProstSchG) und
  • dass die/der Betreiber*in in jedem Arbeitszimmer eine "angemessene Ausstattung mit Kondomen, Gleitmitteln und Hygieneartikeln" bereitzustellen hat (§ 24 Abs. 2 ProstSchG).

Werden diese Regelungen nicht eingehalten, drohen empfindliche Bußgelder!

Die ein oder andere Sexarbeiter*in ist froh über diese Regelung, denn sie muss jetzt nicht mehr mit dem Kunden über die Kondombenutzung diskutieren und ihn informieren und überzeugen, sondern kann einfach auf das Plakat und das drohende Bußgeld verweisen. Aus pädagogischer und professioneller Sicht ist diese "Vereinfachung" aber problematisch: Sexarbeiter*innen lernen weniger über gesundheitlichen Eigenschutz und üben sich weniger in der Kommunikation mit dem Kunden, um ihre eigenen Grenzen zu setzen.

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Aktion der Berliner Gruppe "Arbeitsgemeinschaft Gesunder Kunde" bei der Kunstaktion Strich-Code-Move.

Beispiele

Forderungen

Links & Quellen