- #ProstSchG
Föderalismus
Der Föderalismus macht die Umsetzung des ProstSchG, wie bei vielen anderen über die Länder verteilten Regelungen, kompliziert. Wo genau liegen die Probleme?
Gesetzeslage
Deutschland ist ein föderaler Staat (von lateinisch foedus „Bund“, „Bündnis“), d. h. er besteht aus dem Bund und 16 teilsouveränen Bundesländern, die ihrerseits eigene staatliche Aufgaben erfüllen.
Das Prostituiertenschutzgesetz ist ein Bundesgesetz, d. h. es wurde von den Abgeordneten im Bundestag verabschiedet, jedoch obliegt die Umsetzung den jeweiligen Bundesländern.
Da jedes Bundesland „autonom“ ist, erfolgte die Umsetzung des ProstSchG in jedem Bundesland anders, wie die folgenden Beispiele zeigen:
- Hamburg schuf eine eigene Behörde, in der sowohl die gesundheitliche Beratung und Registrierung von Sexarbeiter*innen angeboten wird als auch die Erlaubnisse für Prostitutionsstätten bearbeitet werden.
- In Brandenburg sind in festgelegten Kommunen die Ordnungsämter zuständig.
- In Bayern wurden voneinander getrennte Stellen bei den Städten geschaffen, die für gesundheitliche Beratung, für die Registrierung von Sexarbeiter*innen und für die Erlaubnisse für Prostitutionsstätten zuständig sind.
Es gibt keine deutschlandweit einheitlichen Standards oder Leitfäden. Jede Behörde ist im Rahmen ihrer Möglichkeiten tätig. Das führt unter anderem dazu, dass im Bundesland Thüringen erst 2021 das Durchführungsgesetz zum ProstSchG erlassen wurde, dass am 1. Januar 2022 in Kraft trat und erst danach wurden Behördenstellen eingerichtet (4 1/2 Jahre nach Inkrafttreten des ProstSchG).
Für Sexarbeiter*innen ist dieser Behörden-Dschungel völlig undurchsichtig. Die meisten haben sich deshalb auf einige große Städte oder bestimmte Kommunen fokussiert und beantragen dort ihre Papiere.
Für Bordellbetreiber*innen ist nicht verständlich, dass die für sie zuständigen Behörden bei ihnen Regelungen umsetzen, aber andere Behörden in anderen Städten wieder andere Regelungen aufstellen.
Als positiv stellt sich der Föderalismus heraus, wenn Behörden vor Ort die Situationen vollumfänglich und ganzheitlich kennen, auf gute und langjährige Erfahrungen mit den Betreiber*innen zurückblicken und auch mal "Fünfe gerade sein lassen".
Beispiel
- Maria (Sexarbeiterin): "Ich arbeite immer nur eine kurze Zeit als Sexarbeiterin in Deutschland. Die meiste Zeit wohne ich in meiner Heimat Ungarn. Wenn meine Papiere abgelaufen sind, versuche ich telefonisch Termine zu machen, fahre dann zunächst nach Berlin und lass sie verlängern, um letztendlich in kleinen Orten in Bayern zu arbeiten. Das ist sehr umständlich und auch teuer. Aber in Bamberg/Bayern wäre es noch komplizierter. Leider kann ich Berlin inzwischen nicht mehr empfehlen."
Forderung
- Die Bundesländer sollen in Zusammenarbeit mit dem Bund einheitliche Standards und Leitlinien erarbeiten, so dass das ProstSchG überall in ganz Deutschland gleich umgesetzt wird.