- #ProstSchG
Evaluation
Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) wird zum ersten Mal umfangreich evaluiert. Hat das Gesetz seine Ziele erreicht?
Gesetzeslage
Noch niemals gab es eine so umfangreiche Untersuchung der Prostitution/Sexarbeit in Europa. Die Ergebnisse werden sichere Auskünfte über das Umfeld und die psychische sowie physische Gesundheit von Sexarbeitenden unter der aktuellen deutschen Gesetzgebung liefern und im Juli 2025 dem Bundestag vorgelegt.
Die Evaluation setzte am 01.07.2022 ein. Der Evaluationsbericht ist dem Deutschen Bundestag spätestens am 01.07.2025 vorzulegen.
Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) erhielt nach einer großen Ausschreibung den Forschungsauftrag - auf der Basis eines breit angelegten Forschungsdesigns.
Unter anderem werden Interviews geführt und Fragebogen erhoben mit:
- Polizei und anderen Behörden,
- Sexarbeiter*innen,
- Kund*innen,
- Bordellbetreiber*innen
- Fachberatungsstellen
Außerdem finden Gruppeninterviews und Vor-Ort-Besichtigungen statt.
Damit werden erstmals tatsächliche Daten und Fakten zur Sexarbeit erhoben. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht bereits ergänzend laufend die Anzahl der registrierten Sexarbeiter*innen und der für die Erlaubnis beantragenden Prostitutionsstätten bzw. der Prostitutionsstätten mit Erlaubnis.
Zudem erstellen:
- Prof. Dr. Elke Gurlit, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Rechtsvergleichung, Europarecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und
- Prof. Dr. Joachim Renzikowski, Lehrstuhl für Strafrecht, Rechtsphilosophie/Rechtstheorie an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg
Stellungnahmen zum Bereich Strafrecht und Verwaltungsrecht im Kontext zum ProstSchG.
Die Website des Forschungsinstitutes enthält eine umfangreiche Übersicht über alle Inhalte der Evaluation und ihrer Methodik. Es werden jedoch im Schlussbericht keine Schlussfolgerungen oder Forderungen an die Politik formuliert, z. B. konkrete Vorschläge zu möglichen Verbesserungen der Gesetze.
Parallel zu den Datenerhebungen erhält das Bundesfamilienministerium und die mit dem Thema befassten Bundestagsabgeordneten laufend Berichte über die ersten Ergebnisse. Auf dieser Basis sollten sie bereits Änderungen/Verbesserungen im ProstSchG und anderen Gesetzen angehen und entsprechend einleiten können.
Natalie Kornet hat für die Diakonie Deutschlands vorab auch eine interessante Studie vorgelegt: „Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter:innen in ausgewählten Ländern – Eine Zusammenstellung internationaler wissenschaftlicher Forschungsergebnisse“.
Wow, eine Meta-Studie, die die vorhandene Forschung über die Situation von Sexarbeitenden
in den verschiedenen rechtlichen Regulierungsmodellen systematisch aufbereitet.
Beispiele
- Susi (Sexarbeiterin): "Endlich werden Daten und Fakten rund um die Sexarbeit wissenschaftlich zusammengetragen. Dann wird auch endlich das Märchen von den 100.000 bis zu 400.000 Sexarbeiter*innen als Fakenews entlarvt."
- Helmut (Kunde): "Ich habe an der Befragung teilgenommen. Natürlich hoffe ich, dass Kunden nicht mehr ausschließlich als Monster oder Gewalttäter wahrgenommen werden, sondern als faire und freundliche Kunden mit wichtigen Bedürfnissen."
- Walter (Betreiber): "Zunächst stand ich der Evaluation kritisch gegenüber, weil ich aufgegeben habe, dass der Staat und die Gesellschaft die Branche je seriös und realistisch wahrnehmen wird. Aber ich habe an der Befragung teilgenommen und setze alle Hoffnungen darin, dass sie – wie auch die vielen Erlaubnisse nach dem ProstSchG zeigen – weitere Argumente und Fakten hervorbringt, die der Realität der Branche entsprechen. Denn ich bin es leid, ständig als Krimineller und Ausbeuter beschimpft zu werden, ohne dass dies den Tatsachen entspricht."
Forderungen
- Das Bundesfamilienministerium und die Bundestagsabgeordneten sollen die laufenden Berichte mit ersten Ergebnissen schon vorab zur Verbesserung des ProstSchG und anderer Gesetze nutzen.
- Das Ministerium für Bauen, Stadtentwicklung und Wohnen soll auf Basis der letzten höchstrichterlichen Rechtsprechung bzgl. der vorzunehmenden Einzelfallprüfung (anstelle der Typisierung) bereits konkrete Gesetzesänderungen im Baurecht- und Baunutzungsrecht umsetzen.
- Entsprechende Gesetzesänderungen und andere Maßnahmen sollen nur auf Basis von Fakten eingeleitet werden.
- Grundsätzliche Diskussionen, wie z. B. die Einführung des sog. Nordischen Modells, sollen bis zum Abschluss der Evaluation zurückgestellt werden, denn sie sind unseriös und beachten nicht die Fakten und die Daten.
Links & Quellen
- Kriminologisches Forschungsinstitut NiedersachsenInformationen darüber, wie das Forschungsprojekt aufgebaut ist, durchgeführt wird, über die angewendete Methodik und die Ziele der Evaluation.https://kfn.de/forschungsprojekte/evaluation-des-prostituiertenschutzgesetzes-prostschg/
- Statistisches BundesamtDer statistische Bericht unter diesem Link enthält diverse Statistiken bzgl. der Registrierungs- und Anmeldepflicht nach dem Prostituiertenschutzgesetz aus dem Jahr 2021.https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Soziales/Prostituiertenschutz/Publikationen/Downloads-Prostituiertenschutz/statistischer-bericht-statistiken-prostituiertenschutzgesetz-5228201217005.html