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Bußgelder
Ein Spezialgebiet des Staates: Bußgelder!
Gesetzeslage
In Absatz 3 der obigen Regelung werden die einzelnen "Vergehen" den jeweiligen Bussgeldern (in einer Höhe von bis zu 50.000 Euro) zugeordnet.
Damit hat der Gesetzgeber ein umfangreiches Bestrafungssystem geschaffen, dass kaum zu durchschauen ist, dass er – beliebig – anwenden kann und dass auf jeden Fall der Abschreckung dient.
Dabei sind die Bußgelder noch die kleinsten Bestrafungen: den Betreibern und Betreiberinnen droht eventuell der Verlust der Erlaubnis! Viele Bußgelder können als Beleg für ihre "Unseriösität" bzw. "Unzuverlässigkeit" ausgelegt werden.
Wie im gesamten Verwaltungsrecht richtet sich die Höhe des Bußgeldes nach der "Besonderheit des Einzelfalles". Auch hat die Behörde einen sogenannten Ermessensspielraum: Sie kann die Höchstsumme oder den Minimalbetrag ansetzen oder auch nur verwarnen. Widerspruchsmöglichkeit besteht immer, das bedeutet ggf. den (teuren) Gang vor die Gerichte.
Hier die konkrete Zuordnung: Was kostet wieviel?
- bis zu 50.000 Euro: Zu zahlen von einem Kunden, der kein Kondom beim Geschlechtsverkehr (§ 32 Absatz 1 ProstSchG) benutzt hat.
- bis zu 10.000 Euro: Zu zahlen von einer/m Betreiber*in, die
- das Gewerbe ohne Erlaubnis (§ 12 und 13 ProstSchG) betreibt,
- eine Auflage (§ 17 Absatz 1 oder 2 ProstSchG: zu Schutz von Sicherheit, Gesundheit oder der sexuellen Selbstbstimmung) nicht erfüllt oder ihr zuwiderhandelt,
- einer Anordnung (§ 17, § 21, § 25; z. B. zum Schutz der Jugend, für eine Prostitutionsveranstaltung, Beschäftigungsverbot) zuwiderhandelt,
- eine Anforderung (§ 18 Absatz 2: Mindestanforderungen) nicht einhält,
- eine der Anforderungen für Prostitutionsfahrzeuge (§ 19 = ProstSchG) nicht einhält,
- eine Sexarbeiter*in, die nicht tätig sein darf, trotzdem arbeiten lässt (§ 25 Absatz 1 ProstSchG: z. B. eine Person unter 18 Jahren),
- keinen gut sichtbaren Hinweis auf die Kondompflicht in allen Arbeitsräumen aushängt (§ 32 Absatz 2 ProstSchG) und
- Werbung etc. für sexuelle Dienstleistungen ohne Kondom macht (§ 32 Absatz 3 Satz 1 und 2 ProstSchG)
- bis zu 5.000 Euro: zu zahlen von dem Betreiber, wenn er:
- die Sexarbeiter*in nicht auf die Pflicht zur Registrierung und gesundheitlichen Beratung hinweist (§ 27 Absatz 1 ProstSchG),
- sich nicht den Ausweis der Registrierung oder die Bescheinigung über die gesundheitliche Beratung (§ 27 Absatz 2 ProstSchG) zeigen lässt,
- die erforderlichen Aufzeichungen über die Sexarbeiter*in nicht macht, Zahlungen nicht richtig quittiert, den Behörden diese nicht vorzeigen kann oder die Aufzeichnungen nicht vor Ort hat. Hat er mehrere Betriebe muss er alles pro Betrieb getrennt vorhalten und alle Unterlagen zwei Jahre aufbewahren (§ 28 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1, § 28 Absatz 4 Satz 1, und Absatz 6 und Absatz 7 ProstSchG)
- bis zu 1.000 Euro: zu zahlen von einer Sexarbeiter*in, die
- keine Registrierung und gesundheitliche Beratung (§ 3 Absatz 1 ProstSchG und § 11 Absatz 2 ProstSchG) vorweisen kann
- eine Anordnung nicht befolgt (§ 11 Absatz 3 ProstSchG: z. B. zum Schutz von Kund*innen).
Damit sind die Sexarbeiter*innen im Gegensatz zu den Kunden und den Betreiber*innen noch gut weggekommen.
Bei der Bestrafung für die Kund*innen, wenn sie ohne ein Kondom den Geschlechtsverkehr ausgeübt haben, steht allerdings die Frage im Raum:
- Wie will die Behörde das überprüfen?
- Wie erhält die Behörde die Beweise?
Ein reines Symbolgesetz?
Vorsicht: Die Bußgeldvorschriften im ProstSchG sind nicht die einzigen. Die Bußgeld-Möglichkeiten der Verwaltungsgerichtsordnung, der Bauordnungen und der Verwaltungsvollstreckungsgesetze der jeweiligen Länder gehen weit darüber hinaus.
Beispiele
- Maria (Sexarbeiterin): "Ich arbeitete in einer kleinen Terminwohnung in Nordbayern und bekam gleich am ersten Tag Besuch vom Ordnungsamt und der Polizei. Da ich einen Tag vorher aus meiner Heimat erst angereist war, hatte ich mich noch nicht um die gesundheitliche Beratung und die Registrierung kümmern können. Ich wollte mich erst informieren und dann einen Termin vereinbaren. Die Behörde ließ das aber nicht gelten und verhängt sofort ein Bußgeld von 150,00 Euro und setzte mich auch so lange unter Druck, bis ich den Betrag bar überreichte. Nach dem Gesetz hätten sie mich erstmal abmahnen müssen. Dies steht in § 11 Absatz 1 und 2 ProstSchG. Das habe ich aber erst später erfahren. Wehren wollte ich mich auch nicht, obwohl die 150,00 Euro einen großen Betrag für mich darstellen. Ich habe einfach meine Sachen gepackt und habe die Stadt verlassen: Was soll ich hier für eine Unterstützung erwarten, wenn man mir beim ersten Zusammentreffen schon so rabiat und gesetzeswidrig begegnet?"
- Micha (Betreiber): "Ich führe seit Jahrzehnten ein anerkanntes Bordell, bin in der Stadt gut vernetzt und helfe auch den Behörden, wo ich kann. Bei der letzten Kontrolle des Gewerbeamtes stellten die Angestellten fest, dass in einem Arbeitszimmer (von sieben) der Aufsteller mit dem Hinweis auf die Kondompflicht nicht dort stand, sondern draußen im Flur. Es war offensichtlich, dass gerade geputzt wurde und dieser Aufsteller mit weiteren Utensilien herausgeräumt worden war. Mein Hinweis dazu wurde nicht akzeptiert. Ich erhielt ein Bußgeld. Die Folge davon war, dass ich schriftlich die Situation erklären und meinen Rechtsanwalt einschalten musste und es ein langes Prozedere gab. Am Ende wurde das Bußgeld zurückgezogen. Da hat man schon den Eindruck, dass es nicht um die Sache geht, sondern darum, dass man die Branche schlecht dastehen lassen will."
- Uwe (Betreiber): "Ich warne davor, Bußgelder einfach so zu akzeptieren, nur weil es kleine Summen sind und der Aufwand der Abwehr zu groß ist. Denn mehrere Bußgelder könnten bei den Behörden den Eindruck erwecken, dass ein Betreiber (nicht mehr) zuverlässig ist und dann kann er seine Erlaubnis nach ProstSchG verlieren oder bekommt keine Verlängerung dieser Erlaubnis!"
Forderungen
- Aufklärung und Informationen müssen anstelle des Bußgeldkatalogs treten. Leicht verständliche Broschüren sind da effektiver als ein Bußgeld.
- Der Bußgeldkatalog muss überarbeitet und die Summen müssen reduziert werden.
- Eine erste Verwarnung sollte grundsätzlich Pflicht für die Behörden sein und von der Möglichkeit mehr Gebrauch gemacht werden.