Baurecht

Das Baurecht enthält keine Regelungen über Prostitutionsstätten, was viele Probleme verursacht. Wieso ist das so und welche Probleme erwachsen daraus?

Gesetzeslage

§ 12 Abs. 7 ProstSchG: Erlaubnis- oder Anzeigepflichten nach anderen Vorschriften, insbesondere nach den Vorschriften des Gaststätten-, Gewerbe-, Bau-, Wasser- oder Immissionsschutzrechts, bleiben unberührt.

Hinter dieser Vorschrift, besonders bezüglich des Baurechts, verbirgt sich eine große Dramatik, denn das Baurecht und Baunutzungsrecht enthält keine Regelungen bzgl. Prostitutionsstätten. Selbst das Wort Prostitution taucht hier nicht auf.

Eine Anwendung des Baurechts erfolgte immer nur, indem in Einzelfällen ergangene Gerichtsurteile auf alle Prostitutionsstätten übertragen werden. Zum Teil waren es Urteile, die in Eilverfahren gesprochen wurden, wo also eine detaillierte Prüfung nicht stattfand. Meist spielt auch das sogenannte "Swingerclub-Urteil" eine große Rolle. Aber die Abläufe und Störungen dieses speziellen Swingerclubs kann man nicht verallgemeinern, denn die meisten Prostitutionsstätten treten ruhig, unauffällig und geräuscharm auf.

⁠Doch leider hat sich im Laufe der Jahrzehnte eine sogenannte Typisierung herausgebildet, die alle Bordellarten über einen Kamm schert und den Einzelfall nicht berücksichtigt. Allen wurde unterstellt, dass sie mit einer milieubedingten Begleitkriminalität einhergehen, wie z. B. Alkohol- und Drogenkonsum und den daraus resultierenden Störungen und Lärmbelästigungen und dem Müll von Kondomen.

⁠Daraus folgerten die Behörden, dass prostitutive Einrichtungen (dieser Begriff wurde im Kontext der verschiedenen baurechtlichen Gerichtsprozesse erfunden) nicht in Wohn- und Mischgebieten angesiedelt werden dürften und nur in Kern- oder Industriegebieten.

In der Praxis hat vielleicht ein großes Laufhaus mit Lärm durch an- und abfahrende Autos auf dem eigenen Parkplatz zu tun, mit klarer Erkennbarkeit, z. B. durch Leuchtreklame, und vielen ein- und ausgehenden Menschen. Dagegen sind Wohnungsbordelle von außen kaum erkennbar. Sie liegen dezent in Wohngebäuden, Namensschilder auf der Klingelanlage geben meist keinen direkten Hinweis auf den Bordellbetrieb (z. B. Sommer oder Agentur), meist wird tagsüber gearbeitet und die Sexarbeiter*innen und Kunden verhalten sich diskret und unauffällig. Daher macht es weder Sinn, noch ist es gerechtfertigt, dass für alle Prostitutionsstätten die gleichen Regeln gelten.

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Erst eine höchstrichterliche Rechtsprechung schaffte für die Behörden auch die Aufhebung des Verbots von Prostitutionsstätten in Mischgebieten und verpflichtete sie zur Einzelfallprüfung weg von der Typisierung.

Dennoch stellt die obige Regelung im ProstSchG eine enorme Hürde dar und hat bisher zu zahlreichen Bordellschließungen geführt. Die jahrzehntelang schon existierenden Bordelle erhielten einfach nicht die erforderliche Baunutzungsgenehmigung. Damit sind gut geführte, bei den Behörden teils seit Jahrzehnten bekannte und als seriös eingestufte Bordelle verschwunden. Das war – wie so oft – zum Nachteil der Sexarbeiter*innen, die damit sichere Arbeitsplätze, fairen Arbeitsbedingungen und den Schutz durch Kolleg*innen verloren.

⁠Doch das ist nicht alles: an eine Baunutzungsgenehmigung sind viele andere Erfordernisse geknüpft, wie spezielle Brandgutachten, schwer entflammbare Möbel, Böden und Gardinen, die Größe der Zimmer und das Nichtvorhandensein von Stolperstufen, Fluchtmöglichkeiten, usw. Hier entstehen hohe Kosten durch Umbauten, Neuanschaffungen, Gutachten und Bürokratiekosten, die kleine Wohnungsbordelle kaum stemmen können und deshalb schließen mussten.

Beispiele

Forderungen

Links & Quellen